Ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie (April 2017) veröffentlichte die BundesPsychotherapeutenKammer (BPtK) eine Studie, für die approbierte PsychotherapeutInnen mit Kassenzulassung nach ihren Erfahrungen befragt wurden.
Durch die Richtlinienreform wurden u.a. zusätzliche Leistungen neu eingeführt. Dazu zählen vorgehaltene Zeiten für eine telefonische Erreichbarkeit der ambulanten Psychotherapiepraxis, psychotherapeutische Sprechstunden und die Akutbehandlung (Link s.u.).
In der psychotherapeutischen Sprechstunde soll abgeklärt werden, ob eine psychische Störung nach ICD-10 (Diagnosemanual) vorliegt und eine Richtlinienpsychotherapie erforderlich ist. Laut der BPtK-Studie konnten durch Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde die Wartezeiten auf ein Erstgespräch um ca. 7 Wochen verkürzt werden, wobei PatientInnen immer noch 4 bis 11 Wochen auf den ersten Sprechstundentermin warten müssen.
Mehr als 60% der befragten PsychotherapeutInnen gab an, dass sie im Anschluss an die Sprechstundentermine keine Akutbehandlung in ihrer Praxis durchführen konnten und berichteten von Schwierigkeiten, PatientInnen für eine Akutbehandlung bzw. eine Kurz- oder Langzeittherapie an andere Praxen weiterzuvermitteln.
Die Wartezeiten auf eine Richtlinienpsychotherapie (Kurz-/Langzeittherapie) haben sich durchschnittlich um 3,5 Wochen verkürzt, von der ersten Anfrage bis zum Beginn einer Psychotherapie vergehen aber immer noch durchschnittlich 5 Monate.
PsychotherapeutInnen ohne Kassensitz können eine ambulante Psychotherapie unter bestimmten Umständen über das Kostenerstattungsverfahren mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen.
Die antragstellende PatientIn muss nachweisen:
- es besteht dringender Behandlungsbedarf
(Notwendigkeitsbescheinigung durch einen Facharzt, z.B. Psychiater) - mangelnde Verfügbarkeit eines Therapieplatzes
(mehr als 3 vergebliche Behandlungsanfragen sind aus fachlichen und menschlichen Gründen im Sinne des Gebots einer humanen Krankenbehandlung nicht zumutbar; der Nachweis über die Nichtverfügbarkeit einer kassenzugelassenen TherapeutIn kann erbracht werden, indem Namen und Adressen der kontaktierten KassentherapeutIn, die keinen Termin anbieten können, mit Datum notiert werden.) - unzumutbare Wartezeit
(Wartezeiten von mehr als 3 Monaten bei Erwachsenen sind unzumutbar)
SPIEGEL ONLINE berichtete in dem Artikel Umstrittene Psychotherapie-Reform „Patienten sind in einer Schleife gefangen“ (11.02.18), dass seit der Reform übermäßig viele Anträge auf ambulante Psychotherapie im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens abgelehnt werden. Therapiesuchende sollen von ihrer Krankenkasse auch die Aussage erhalten haben, dass es das Kostenerstattungsverfahren seit der Reform nicht mehr gäbe.
Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) veröffentlichete die Ergebnisse einer Mitgliederumfrage Kassen blockieren Behandlung (21.02.18 ) und bestätigt: „Die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz bestehen weiter und die Lage wird zunehmend verschärft, wenn die Kassen keine Kostenerstattung mehr bewilligen. Wir raten den Betroffenen, mit rechtlichen Schritten dagegen vorzugehen.“
Der NDR beschäftigte sich ebenfalls mit dem Thema in einer Sendung des Fernsehmagazins Panorama 3 Psychotherapie: Langes Warten auf Hilfe (10.04.18). Interviewt wurde in dem Beitrag u.a. eine Therapiesuchende, die Absagen von 24 ambulanten Psychotherapiepraxen erhalten hatte. Ihr wurde gesagt, dass die Wartezeiten auf einen Therapieplatz aktuell bei eineinhalb Jahren lägen.
SPIEGEL ONLINE (11.04.18) zitierte Dietrich Munz (BPtK-Präsident) in dem Artikel „Psychotherapie – Das Warten hat kein Ende“: „Die Reform hat keine einzige zusätzliche Behandlungsstunde geschaffen.“
zum Weiterlesen: Reform der Psychotherapie-Richtlinie (blog-psychotherapie-luebeck.de) Ein Jahr nach der Reform der Psychotherapie-Richtlinie (BPtK-Studie)
Ich suche schon länger nach einer Therapeutin. Die von der Kasse haben ellenlange Wartelisten. Mehr als 3 Anfragen sind nicht zumutbar? Länger als 3 Monate warten ist nicht zumutbar? Ich hab mir die Finger wund telefoniert und nach dem ersten Dutzend aufgehört zu zählen. Wie soll ich 1 Jahr aushalten bis vielleicht mal eine einen Therapieplatz für mich hat?
Dann hab ich nach Heilpraktikerinnen geschaut, war aber unsicher. Ich bin ja bereit, die Therapie zu bezahlen, aber wie soll ich wissen, ob die ok sind? Man hört ja so viel…
Durch Zufall bin ich auf Ihre Homepage gestoßen und hab nicht mehr aufgehört zu lesen. Jetzt hab ich eine Idee wonach ich schauen kann. Das hilft sehr bei der Suche.
Ich finde, wenn eine Heilpraktikerin so ausgebildet ist, wie Sie schreiben, sollte die Kasse das bezahlen müssen.
Ein ganz dickes Dankeschön für Ihre Arbeit.
Ganz lieben Dank für das Feedback. Ich freue mich sehr, dass unsere Informationen nützlich für Sie sein konnten.
Tatsächlich bemühen sich Fachverbände (z.B. DVP, BAPt) seit langem um die Anerkennung von HeilpraktikerInnen für Psychotherapie, die die Voraussetzungen für das Europäische Zertifikat für Psychotherapie (ECP) erfüllen, und damit um die Möglichkeit, dass HeilpraktikerInnen für Psychotherapie mit ECP im Kostenerstattungsverfahren mit deutschen Krankenkassen abrechnen können sollen.
vgl. Qualitätsstandards für Psychotherapie HeilprG