Ein wiederkehrendes Thema unseres fachlich-kollegialen Austausches im Arbeitskreis HeilpraktikerInnen für Psychotherapie Lübeck (AK-HPP-HL) war und ist die Beschäftigung mit dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) und der Bedeutung von fehlenden Richtlinien für die psychotherapeutische Ausbildung von HeilpraktikerInnen beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie (HPP).
Das HeilprG bietet keine gesetzliche Grundlage, in der qualitative bzw. quantitative Mindestanforderungen an die psychotherapeutische Ausbildung von HPP-TherapeutInnen geregelt sind.
Im Laufe unserer kontinuierlichen Zusammenarbeit wurde zunehmend deutlicher, dass diese Gesetzeslücke nicht nur bei Therapiesuchenden zu Verwirrung und Verunsicherung führen kann. Fehlende Qualitätsstandards wirken sich auch nachteilig auf die Seriosität unserer Berufsgruppe aus.
Durch die gemeinsame Reflektion unserer psychotherapeutischen Arbeit in freier Praxis erschien es uns daher zwingend, uns mit der Frage zu beschäftigen, welche Mindestanforderungen an die psychotherapeutische Ausbildung von HeilpraktikerInnen für Psychotherapie gestellt werden müssten.
Vorrangiges Ziel des AK-HPP-HL war die Entwicklung von fachlichen Leitlinien, die therapeutische Qualifikationen von HPP-TherapeutInnen transparenter und vergleichbarer machen können.
Wir erarbeiteten ein Konzept, das einen professionellen Rahmen für psychotherapeutisch Tätige nach dem Heilpraktikergesetz bieten kann. Unser Anliegen ist es, eine Grundlage zu schaffen, auf der psychotherapeutische Leistungen von HeilpraktikerInnen für Psychotherapie fachlich besser eingeordnet werden können.
HeilpraktikerInnen für Psychotherapie (HPP) können ihre Arbeitsschwerpunkte frei wählen und müssen selbstverantwortlich für eine ihrem Tätigkeitsbereich entsprechende Ausbildung sorgen, die individuell sehr unterschiedlich sein kann.
Die Bandbreite von Tätigkeitsfeldern von HPP-TherapeutInnen ist vielfältig und reicht von Begleitung in konflikthaft erlebten Lebenslagen bis hin zur Behandlung schwerer psychischer Störungen.
Ebenso existiert ein weit gefächertes Angebot psychotherapeutischer Aus-, Fort- und Weiterbildungen für HPP-TherapeutInnen. Inhalte, Umfang und Qualität unterscheiden sich dabei zum Teil erheblich.
Um Orientierungshilfe für Therapiesuchende bieten zu können, erachten wir daher überprüfbare Kriterien für eine bessere Vergleichbarkeit psychotherapeutischer Qualifikationen von HPP-TherapeutInnen für dringend erforderlich.
Zu den überprüfbaren Kriterien gehören unserer Meinung nach Merkmale wie die Anzahl absolvierter Ausbildungsstunden sowie bestimmte fachliche Aspekte von Ausbildungsinhalten.
Ein Vergleich in Bezug auf die Wirksamkeit jeweiliger Therapieverfahren bleibt davon unberührt.
Bedarf und Bedürfnisse von Therapiesuchenden sind individuell verschieden.
Das Heilpraktikergesetz (HeilprG) bietet die Möglichkeit, unter einer großen Vielfalt therapeutischer Verfahren und Methoden auszuwählen. Um die darin liegenden Chancen und Möglichkeiten sinnvoll nutzen sowie fachbezogene Grenzen (bezogen auf die Art der Qualifikation einer HPP-TherapeutIn) besser einschätzen zu können, vertreten wir die Meinung, das Laien und Fachleute gleichermaßen psychotherapeutische Leistungen nach HeilprG besser vergleichen können sollten.
Für Hilfesuchende muss z.B. erkennbar sein, ob die angebotene Leistung einer HeilpraktikerIn für Psychotherapie beispielsweise eher im Bereich Behandlung leichterer Beschwerden oder eher im Bereich Psychotherapie komplexerer psychischer Störungen angesiedelt ist.
Vor dem Hintergrund unserer Arbeitserfahrungen konzentriert sich der Qualifikationsstandard des Arbeitskreis HeilpraktikerInnen für Psychotherapie Lübeck auf fachliche Anforderungen an HeilpraktikerInnen für Psychotherapie, die ihre Arbeitsschwerpunkte auf die psychotherapeutische Behandlung psychischer Störungen gelegt haben, die über sogenannte Befindlichkeitsstörungen ohne Krankheitswert (z.B. aufgrund vorübergehender psychosozialer Belastungen) hinausgehen.
Fachliche Richtlinien und definierte Qualitätsmerkmale haben Einfluss auf das Ansehen einer Berufsgruppe.
Eines unserer Anliegen ist daher auch die Darstellung unserer Berufsgruppe nach außen mit dem Ziel, professionelles therapeutisches Handeln nach dem Heilpraktikergesetz sicht- und überprüfbar zu machen.
Die Unübersichtlichkeit über das weite Feld von Tätigkeitsbereichen sowie therapeutischen Aus-/Fortbildungen von HeilpraktikerInnen für Psychotherapie macht es oft auch für Fachleute schwer, Qualifikationen von HPP-TherapeutInnen fachbezogen richtig einzuordnen.
Eine Festlegung fachlicher Leitlinien für psychotherapeutisch Tätige nach HeilprG kann daher auch für Angehörige angrenzender Berufsgruppen wie ÄrztInnen und Angehörige anderer Heil- und Hilfsberufe hilfreich sein.
Der hier vorliegende Qualifikationsstandard des Arbeitskreis HeilpraktikerInnen für Psychotherapie Lübeck soll zu mehr Transparenz und Überprüfbarkeit psychotherapeutischer Qualifikationen von HPP-TherapeutInnen beitragen.
Wir möchten mit diesem Konzept einen Beitrag leisten für die Professionalisierung unserer Berufsgruppe durch freiwillige Festlegung von Mindeststandards sowie Konkretisierung professionellen psychotherapeutischen Handelns nach dem Heilpraktikergesetz.
Standards und Richtlinien können und müssen sich mit vergrößerndem Kenntnisstand verändern.
Wir verstehen das Konzept unseres Qualifikationsstandards daher auch als Basis für fachlich-kollegialen Austausch mit dem Ziel, kontinuierlichen Qualitätszuwachs in der Arbeit als HeilpraktikerIn für Psychotherapie zu erreichen.